Hessisches Staatstheater Darmstadt

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Hessisches Staatstheater Darmstadt, 2006

1972 wurde das Hessische Staatstheater nach Plänen des Architekten Rudolf Prange errichtet. Es ist eines der größten Häuser dieser Art in Deutschland und hat etwa 500 Mitarbeiter. Es verfügt über einen großen Saal mit 956 Sitzplätzen und einen kleinen Saal für 482 Zuschauer. Mit der Möglichkeit, die in den Werkstätten gebauten Kulissen auf die Bühnen zu transportieren, ohne sie zu zerlegen, ist der Bau funktional vorbildlich. Mangelnder Bauunterhalt, aber auch verschärfte baurechtliche, energetische und brandschutztechnische Auflagen erforderten jedoch eine Grundinstandsetzung.

Entsprechend den Vorstellungen der Nachkriegsepoche war das Theater »autogerecht« gebaut. Eine mehrspurige Unterfahrt, die die Möglichkeit einer direkten Erschließung des Foyers vom Untergeschoss aus bot, gehörte ebenso zum Standard wie die direkt daran angeschlossene Tiefgarage für mehrere hundert Fahrzeuge. Die Einbeziehung in den städtischen Raum spielte deshalb keine Rolle. Nicht ohne Grund blieb das Haus bis zuletzt ohne städtebaulichen Bezug und dementsprechend fehlte ihm das »Gesicht«.

Da das Theater wegen der vielen Mitarbeiter während der Sanierung nicht geschlossen werden konnte, bauten wir den größeren Teil der Unterfahrt zu einem Theaterprovisorium um – mit einer Spiel- und Zuschauerfläche, die nach wie vor als Kammertheater genutzt wird. Zur Behebung mangelnder Behindertengerechtigkeit und der unwirtlichen Gestaltung der Aufgänge errichteten wir vor dem bestehenden Bau ein Eingangsbauwerk. So wurde dem Theater gleichzeitig ein repräsentativer »Kopf« gegeben, der den Bezug zum städtebaulichen Umfeld herstellt. Dieses aus Weißbeton gegossene Bauwerk öffnet sich im ersten Stock mit einer Außenbühne zu dem davor liegenden Platz, auf den eine im rechten Winkel aus der Innenstadt kommende, klassizistische Querachse führt.

Das Foyer im Erdgeschoss erfuhr im Inneren eine grundlegende Neuordnung: Statt zwei Eingängen wurde ein gemeinsamer Zugangsbereich geschaffen, von dem aus das kleine und große Haus sowie das Kammertheater erschlossen werden. Dort fanden frei geschwungene Garderobenschränke und eine zentrale Kasse Platz. Die Fassaden zum Vorplatz wurden durch großzügige Verglasung aufgebrochen.

Große Schwierigkeiten bereitete die Deckengestaltung der oberen Foyerebenen, da die Haus- und Sicherheitstechnik den bisherigen durchgehenden Deckenspiegel nicht mehr zuließ. Deshalb ließen wir die Technik sichtbar und beschichteten die gesamten Einrichtungen mit schwarzer Farbe. Darunter abgehängte Deckensegel, die der Akustik, der Sprinkleranlage sowie der Beleuchtung dienen, bestimmen jetzt den oberen Raumabschluss.

Zur Entrauchung der unteren Foyers reihten wir auf der vorgelagerten Terrasse einzelne Kamine aus weißer Metallverkleidung auf, die das Eingangsbauwerk wie eine Säulenreihe flankieren. In den Abendstunden sind sie beleuchtet und bilden mit der über die gesamte Breite des Hauses reichenden Außenbühne die eigentliche Kulisse zur Stadt hin.

Bauherr:
Hessisches Baumanagement
Regionalniederlassung Süd, Darmstadt

Architekten:
Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart

Mitarbeit:
Thilo Holzer, Björn Barkemeyer, Ulrike Hautau, Tania Ost, Matthias Schneider, Markus Schwarzbach, Andrea Stahl, Michael Müller, Katrin Merk, Wolfram Sponer

Projektmanagement:
DU-Diederichs, Wuppertal

Wettbewerb:
2001

Bauzeit:
2003 – 2006

Standort:
Georg-Büchner-Platz 1, 64283 Darmstadt

Auszeichnungen
Auszeichnung Vorbildliche Bauten in Hessen
Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen

Nominierung zur Teilnahme am Contemporary Architecture –
Mies van der Rohe Award, Fundació Mies van der Rohe Barcelona 2006

Made in Germany – Best of Contemporary Architecture 2007
Architect of the Year (1. Preis), Building of the Year (2. Preis)

Architekturpreis Farbe–Struktur-Oberfläche, Caparol GmbH 2007

best architects 09 Award, Zinnobergruen GmbH

Joseph-Maria-Olbrich-Plakette
Ausgezeichnete Architektur in Hessen, BDA

Nominierung zum Architekturpreis Große Nike 2010 (Bundespreis des BDA)

Belobigung, Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung 2012

Veröffentlichungen
Günter Baumann (Hg.):
Meisterwerke der Architektur
Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Neuauflage 2017

Detail
6 | 2016

a+u
1 | 2013

Lederer, Arno / Ragnarsdóttir, Jórunn / Oei, Marc (Hg.):
Lederer Ragnarsdóttir Oei 1
Jovis Verlag Berlin 2012

Birgit Schmolke (Hg.):
Bühnenbauten – Handbuch und Planungshilfe
DOM publishers, 2011

Ausbau + Fassade
9 | 2010

Chris van Uffelen (Hg.):
Performance. Architecture + Design
Berlin 2010

Häuser
6 | 2009

Falk Jaeger (Hg.):
Lederer+Ragnarsdóttir+Oei
Berlin 2008

Build – Das Architekten-Magazin
1 | 2008

Best Architects Documentation.
Düsseldorf 2008

Architekturpreis Farbe Struktur Oberfläche
Leinfelden-Echterdingen 2008

Bauwelt
23 | 2007

Werk, Bauen + Wohnen
4 | 2007

Malerblatt
2 | 2007

Forum AID
1 | 2007

Dirk Meyhöfer (Hg.):
Made in Germany. Best of Contemporary Architecture
Berlin 2007

Rüdiger Kramm, Tilman Schalk (Hg.):
Sichtbeton – Betrachtungen. Ausgewählte Architektur in Deutschland
Düsseldorf 2007

Peter Cachola Schmal (Hg.):
Architektur Jahrbuch 2007 | 8
München 2007

1000 X European Architecture
Berlin 2007

Stuttgarter Nachrichten
25.09.2006

Stuttgarter Zeitung
23.09.2006

Frankfurter Rundschau
11.08.2006

Deutsche Bauzeitung
8 | 2006

Frankfurter Allgemeine Zeitung
13.07.2006

Bühnentechnische Rundschau
5 | 2006

opus C.
Planen & Gestalten mit Beton
3 | 2006

Baumeister
3 | 2006

Hessisches Baumanagement (Hg.):
Staatstheater Darmstadt in neuem Gewand
Freiburg 2006

Convertible City.
Sonderpublikation zum Deutschen Pavillon, Bienale Venedig
Gütersloh 2006

Darmstädter Echo
26.10.2005

Deutsche Bauzeitung
10 | 2005

Frankfurter Rundschau
29.01.2005

Ingeborg Flagge (Hg.):
FSB Architekturführer Darmstadt
Darmstadt 2004

Fotos
Roland Halbe, Stuttgart



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